Interessante Funde bei Ausgrabung in Suddendorf - Grafschafter Nachrichten vom 07.05.2016
Von Detlef Kuhn
Die Ausgrabung im Suddendorfer Baugebiet „Wennings Kamp“ lässt interessante Rückschlüsse zu, dass an der Koppelbecke vor etwa 8000 Jahren Jäger und Sammler ihr Quartier aufgeschlagen haben. Grabstätten bezeugen das.
Die Werkzeugherstellung aus Feuersteinknollen konnte mit Hilfe der Arbeit von Geert Meyer nachgewiesen werden.
Suddendorf. Schon bei der Aufstellung des Bebauungsplanes scheint man etwas geahnt zu haben: Denn die Voruntersuchungen im Oktober 2015 bestätigten die Vermutung, dass gerade im Bereich von „Wennings Kamp“, wo vierzehn neue Bauplätze entstehen sollen, prähistorische Hinterlassenschaften zu erwarten sein könnten. „Auch wenn die Bevölkerung immer wieder geglaubt hat, man würde sowieso nichts Bedeutsames entdecken“, gibt Ralf Schäfer von der Grundstücks und Entwicklungsgesellschaft des Landkreises (GGB) die Stimmung wieder. Und Schäfer lebt selbst seit 20 Jahren in Suddendorf.
Diese Rekonstruktion einer Grabstelle gibt Hinweise darauf, dass der Tote auf der Seite in Richtung Osten gelegen haben könnte. Den Erklärungen von Michael Wesemann (rechts) und Grabungsleiter Dr. Andreas Hüser folgen sehr interessiert (von links ) Ralf Schäfer (GGB), Landrat Friedrich Kethorn und Samtgemeindebürgermeister Manfred Windhaus.Fotos: Kersten Doch die Vermutungen der Fachleute haben sich inzwischen mehr als bestätigt: Nach den ersten 20 Funden bei der Prospektion im Herbst ist man nach einer Hochrechnung von 200 Funden ausgegangen – inzwischen sind es weit über 500 nach Abschluss der Grabungsarbeiten Ende dieser Woche. Ganz billig war die ganze Sache nicht, mit der das Landesamt für Denkmalpflege in Oldenburg beauftragt worden ist: Circa 100.000 Euro hat die fast zehnwöchige Aktion mit acht Mitarbeitern des Landesamtes seit Mitte März gekostet – inklusive Tiefbauarbeiten und Baustelleneinrichtung. Deshalb dürften die bisherigen GGB-Quadratmeterpreise von 68 Euro in der Gegend wohl nicht zu halten sein, betont Ralf Schäfer. Denn die zusätzlich aufgelaufenen Kosten werden wohl an die künftigen Grundstücks-Interessenten weitergegeben – zumal es davon laut GGB schon jetzt reichlich gibt.
Leben in Suddendorf vor 6000 Jahren
Zusammen mit Landrat Friedrich Kethorn und Samtgemeindebürgermeister Manfred Windhaus erlebte Ralf Schäfer mit einem exzellenten Vortrag von Dr. Andreas Hüser vom Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege in Oldenburg am Dienstag an Hand anschaulicher Schilderungen, was sich in Suddendorf 6000 Jahr vor Christus zugetragen haben muss.
Die seit Mitte März laufenden Ausgrabungen belegen nach Auskunft des wissenschaftlichen Leiters Andreas Hüser ein erstes Aufsuchen der Lokalität in der mittleren Steinzeit (Mesolithikum). Auf einer hochwasserfreien Geländeterrasse nördlich der heutigen Koppelbecke lagerten vor etwa 8000 Jahren saisonal Jäger und Sammler auf ihren Wanderungen, dem Jagdwild folgend.
Grabungsleiter Andreas Hüser mit einer der gut erhaltenen Urnen, die vollständig geborgen werden für die Forschung. Hiervon zeugen zahlreiche holzkohle- und aschehaltig verfüllte Gruben, die als Herdgruben interpretiert werden und wohl der Nahrungszubereitung gedient haben. Auch Feuersteingeräte jener Epoche wurden gefunden. Von Bedeutung ist der Nachweis eines so genannten Schlagplatzes: Hier haben die „Mesolithiker“ aus Feuerstellenknollen Werkzeuge hergestellt. Auf relativ kleinem Raum fanden sich mehrere hundert Flintreste, die als Abfall der Geräteherstellung in den Boden gelangten.
Weiterhin konnten die Archäologen ein Gräberfeld der jüngeren Bronzezeit (etwa 1000 bis 800 vor Christus) untersuchen. Davon sind Kreisgräben erhalten geblieben, die einst einen Grabhügel eingefasst haben. Im Zentrum der Kreisgräben ließen sich Urnen nachweisen, die noch den Leichenbrand als auch die verbrannten Knochen beinhalten. Diese Knochenasche wird nach erfolgter Untersuchung Auskünfte über das Geschlecht und über mögliche Krankheiten der hier Bestatteten und somit Einblicke in die frühere Bevölkerung erwarten lassen.
Endgültige Untersuchung im Labor
Um solche Untersuchungen zu ermöglichen, werden die Urnen nicht auf der Ausgrabung entleert, sondern vollständig mit Inhalt geborgen, um später unter Laborbedingungen die fachkundigen anthropologischen Arbeiten zu erlauben. Interessant ist, dass manche Kreisgräben geschlossen sind, anderen weisen im Osten eine kleine Unterbrechung auf. Auch so genannte Schlüssellochgräben ließen sich nachweisen, als Kreisgräben mit einer im Osten gelegenen viereckigen Erweiterung.
Diese Karte zeigt die Vielzahl der Fundstellen und die blauen Umfassungsgräben, die Beleg für die Parzellierung sind. Inmitten des Gräberfeldes, an höchster Stelle im Gelände, konnte ein aus Pfosten markierter runder Bereich mit einem Durchmesser von mehr als zehn Metern nachgewiesen werden. Hier könnte ein weiterer Grabhügel auf diese Weise eingefasst worden sein. Da die erhaltenen Pfostengruben auffällig tief sind, ist von sehr hohen Pfählen auszugehen von zwei bis drei Metern.
Im späten Mittelalter beziehungsweise in der frühen Neuzeit, also etwa im 15. oder 16. Jahrhundert wurde das Grabhügelfeld eingeebnet. Für eine Parzellierung sprechen Umfassungsgräben um Wirtschaftseinheiten. Der Oberbodenauftrag wurde schließlich nach und nach mit Hilfe von aufgetragenem Plaggenesch vergrößert.